Eigene Projektionen in toxischen Beziehungen erkennen
Wie Projektionen deine Beziehungen beeinflussen
Es ist nicht einfach, Vertrauen in die Liebe zu haben, wenn es sich in der Vergangenheit in der Liebe nicht sicher angefüllt hat. Es ist völlig normal vorsichtig zu sein, da wir früher einmal verletzt oder betrogen wurden. Ohne den eigenen Selbstschutz hätten wir uns so nicht entwickelt, wie wir heute sind. Doch genau dieser Selbstschutz hindert uns oftmals in der Gegenwart daran, echte Nähe und Verbundenheit zu anderen Menschen aufzubauen.
So passiert es, dass wir die Liebe auf Distanz halten, in dem wir jene Personen, die uns in der Vergangenheit verletzt haben, auf die Menschen projizieren, die in der Gegenwart versuchen, uns nahe zu kommen. Gesunde Beziehungen sind so kaum möglich. Wir fühlen uns eher zu Menschen hingezogen, die uns nicht zu nahekommen können. Solange die alten Wunden unsere heutige Realität bestimmen, sind wir an unsere Projektionen gefesselt. Im Zustand der Projektionen fühlt sich Liebe erdrückend an und kleine Missverständnisse entwickeln sich zu Katastrophen und die Beziehungen werden instabil.
Schauen wir für einen Moment auf dem Narzissten, erkennen wir seine Projektion. Für ihn fühlt sich im Zustand der Projektionen Liebe an, als würde er um seine Freiheit beschnitten werden. Es erdrückt ihn förmlich verbindliche Nähe einzugehen. So kommt es in der Regel vor, dass der Narzisst und auch Co- Abhängige, nur an dysfunktionale Beziehungen gewöhnt sind, weil sie nichts anderes kennen. So wurde es in der Kindheit erlebt und auf die Liebesbeziehungen im Erwachsenendasein projiziert. Die Lösung besteht nicht darin, sich auf keine Beziehung mehr einzulassen oder starre Mauern hochzuziehen. Die Antwort liegt einzig und allein in unserer Heilung. Wir können unserem Schmerz niemals entkommen, in dem wir ihn umgehen. Das ist unmöglich. In diesem Blogbeitrag geht es darum, deine Projektionen und vielleicht auch die des Narzissten noch besser zu verstehen, um diese auch zu heilen. Natürlich nur deine, denn für die des Narzissten, ist ausschließlich er selbst verantwortlich.
Was genau ist eine Projektion?
Projektion lassen sich so beschreiben: Es handelt sich in dieser Thematik um ein Abwehrmechanismus gegen unsere eigenen Gefühle. Bei der Projektion übertragen wir unsere ungeliebten Anteile oder die Eigenschaften, die wir in uns noch nicht entwickelt haben und auch unsere Wünsche, auf andere Menschen, insbesondere dem Partner. Wir übertragen Verletzungen, die uns widerfahren sind von einer Person aus unserer Vergangenheit, auf die Person in unserer Gegenwart. Wir bekämpfen es dann regelrecht bei unserem Gegenüber. Fühlen wir uns zum Beispiel von unserem Partner getriggert, durch eine Handlung oder auch nur durch einen Satz, fühlen wir uns sofort in unsere Vergangenheit zurückversetzt und es kann dann passieren, dass die Situation eskaliert. Von einer Sekunde auf die andere verschwindet dann unser Partner hinter all den Menschen, die uns jemals verletzt haben. Du siehst dann quasi rot und kannst die Realität nicht mehr von der Vergangenheit unterscheiden.
Nehmen wir einmal folgende Situation: Du hast Streit mit deinem Partner, der sich auf wütende und aggressive Weise ausdrückt. Unbewusst fühlst du dich an die Kindheit zurückerinnert, da sich eventuell auch ein Elternteil auf genau diese Art und Weise dir gegenüber ausgelebt hat. Wenn dann nahestehende Menschen wütend sind, reagieren wir schon fast panisch auf diese Situation. Jedoch nur, weil uns das schon in der Vergangenheit in ähnlicher oder gleicher Form passiert ist. Ich kann mich zum Beispiel sehr gut an einem narzisstischen Partner erinnern. Er hatte einen ähnlichen Blick in bestimmten Situationen, genau wie mein Vater, wenn dieser über den Durst getrunken hat. Sobald mein Partner dann Alkohol trank und seine Augen etwas kleiner wurden, so fühlte ich mich unbewusst sofort in meine Kindheit zurückversetzt und rastete förmlich aus. Die Projektion dahinter erkannte ich nicht. Es kann auch passieren, dass wir Menschen an unserer Seite haben die sich um uns aufrichtig bemühen, wir Ihnen aber nicht vertrauen können, da wir früher schon von anderen Menschen verletzt worden sind. Aus diesem Grund kann in unseren zwischenmenschlichen Beziehungen, wie auch Liebesbeziehungen richtiges Chaos entstehen, wenn wir unverarbeiteten Schmerz aus unserer Vergangenheit auf die Gegenwart projizieren.
Im Grunde genommen ist es so, dass durch den Abwehrmechanismus der Projektionen, uns die Psyche vor schmerzhaften Gefühlen schützen möchte. Doch gleichzeitig versperren uns die Projektionen auch den Zugang zur Liebe. Unser Herz sehnt sich nach Zusammengehörigkeit, doch das Ego strebt eher nach Abgrenzung. Du kannst dir das Ego folgendermaßen vorstellen. Ich sehe es persönlich als einen inneren Wächter, der sich bei Gefahr zur Wehr setzt und in bestimmten Situationen ganz schön aggressiv vorgehen kann. Schon bei einem geringsten Anflug von Veränderung ist es nervös und angespannt. Es steht quasi permanent auf Alarmbereitschaft, weil es dich vor Schmerzen schützen will. Das Ego ist keineswegs schlecht oder dein Feind, sondern überlebenswichtig, da es dir ermöglicht mit der Realität klarzukommen. In frühester Kindheit beginnt sich unser Ego zu entwickeln. Wir formen eine eigene Identität. Kommt es jedoch vor, dass wir Verletzungen ausgesetzt sind, so geht das Ego über seine eigentliche Funktion hinaus und übernimmt die Rolle des Verteidigers, des Gegners und der des Beschützers. Es sichert uns unser Überleben. Ganz schön clever, nicht wahr? Aus diesem Grund ist es wichtig unser Ego nicht zu zerstören, sondern stattdessen es zu integrieren, ohne ihm die Macht über unser Leben zu überlassen. Je mehr Beweise das Ego an Verletzungen aus der Vergangenheit abgespeichert hat umso mehr versucht es uns zu beschützen, indem es unser Herz verschließt und somit andere Menschen auf Abstand hält.
Ich verändere meinen Blickwinkel auf die Realität
Egal welchen Partner ich auch hatte, dieser erinnerte mich entweder an die Wutausbrüche meiner Mutter oder an die meines Vaters. In meinen toxischen Beziehungen war es exakt so, wie in meiner Kindheit. Meine Eltern redeten mir schön ein, dass ich gestört bin und meine Wahrnehmung keinesfalls richtig ist. Ausnahmslos alle narzisstischen Partner wählten genau diese Worte. Je mehr ich meine toxischen Beziehungen reflektierte, umso mehr erkannte ich, dass ich meine unverarbeiteten Wunden der Vergangenheit, auf meine damaligen Partner projizierte. Ich suchte sie mir unbewusst aus, damit mir genau diese Wunden aufgezeigt werden mussten, da sie nach Erlösung schrien. Solange wir unsere Projektionen nicht erkennen, werden wir die Erfahrung immer und immer wieder durchleben, in der Hoffnung, es könnte dieses Mal anders ausgehen. Doch um ein anderes Ende zu erreichen, müssen wir ganz in der Gegenwart ankommen und unsere Projektionen erkennen und zurücknehmen.
Folgende Beispiele für Projektionen
- Andere Menschen auf ein Podest stellen und sich selbst im Vergleich zu anderen auf- oder abzuwerten
- Die bewusste oder unbewusste Erwartung, dass dein Partner dich rettet oder dir die Aufmerksamkeit schenkt, die du von deinen Eltern nicht bekommen hast
- Durch eine Person getriggert zu werden, die dich an eine Person erinnert, die dich in der Vergangenheit verletzt hat
- Die Annahme, dass dein jetziger Partner dich ebenfalls verlassen wird, weil dich schon ein Elternteil oder auch ein Ex Partner verlassen hat
- Dich selbst als die Retterin präsentieren, weil du schon in deiner Kindheit einen Elternteil retten wolltest
Die Liste ließe sich ewig lang fortführen. Doch so hast du nun einen Überblick, was das Thema Projektionen beinhaltet. Du kannst sicherlich erkennen, dass dein Narzisst auf dich projiziert hat, wie du auch auf ihn.
Heilung der Projektion
Im Zustand der Projektion wird unser Nervensystem aktiviert und unser Ego wird größer und größer. Wir verstummen dann vielleicht, sind abweisender, sehr stur, ängstlicher, gemeiner und verschließen uns sogar gänzlich. Narzissten tauchen gerne im Zustand der Projektionen unter und lassen erst einmal tagelang nichts mehr von sich hören. Wir schauen in solchen Momenten durch die Brille unserer Vergangenheit, das zur Folge hat, Menschen zu verletzen, weg zu stoßen oder sie gar im schlimmsten Fall zum Feind zu machen. Insgeheim sehnen wir uns zwar nach Nähe, doch unsere abgelehnten Verletzungen der Vergangenheit lassen dieses kaum zu.
Im ersten Schritt zur Heilung deiner Projektionen ist es ist wichtig, mit deinem Unbehagen und Triggern lernen umzugehen. Achtsamkeit ist hier ein wichtiger Schlüssel. Dennoch ist es gar nicht so einfach, eine Projektion sofort zu erfassen und zu erkennen, da sich der Trigger so real anfühlt. Unsere Reaktionen rechtfertigen wir genau damit. Dadurch dass die Intensität einer Emotion so überwältigend ist, versuchen wir sie in irgendeiner Form zu entladen und machen sie somit in den allermeisten Fällen zum Problem unseres Gegenübers.
In dem wir bei unseren Körperempfindungen bleiben und sie klar benennen, statt sie durch Schuldzuweisung, Kritik oder auch durch eine Abwehrhaltung auf unser Gegenüber zu projizieren, kann dieser heilende Moment die schmerzhafte Erinnerung der Vergangenheit auflösen.
Es braucht diesen kurzen Moment des Innehaltens, um uns die nötige Selbsterkenntnis zu verschaffen. Wir können es auf diese Weise schaffen eine Brücke zwischen unserem vergangenen und unserem jetzigen Selbst aufzubauen. Wir senden wichtige Botschaften in dem Moment an unserem Körper und an unser Gehirn, dass wir sicher sind.
In dem Moment, in dem wir projizieren, haben wir das Gefühl, unsere Reaktionen nicht mehr unter Kontrolle zu haben. Wir eskalieren förmlich und bekommen kaum noch Luft. Wir verharren in Konfliktsituationen, da wir nicht mehr bereit sind andere Perspektiven in Betracht zu ziehen. Wir sind dann so sehr in uns und unserer Vergangenheit gefangen.
Zusammengefasst
Die Person, die heute vor dir steht, ist weder deine Mutter noch dein Vater, irgendein Ex Partner, dein Chef oder eine Freundin, die dich irgendwann einmal verletzt haben. Die Person ist ein Individuum und hat weder etwas mit deiner Geschichte zu tun noch mit deinem Trauma. Das bedeutet nicht, dass du alles dulden musst und das Fehlverhalten anderer damit entschuldigt ist. Nein, auf keinen Fall. Es bedeutet lediglich, dass du umsichtiger wählen darfst, mit wem du deine Zeit verbringst, wenn sie immer und immer wieder dein Trauma reaktivieren. Wenn du deine Muster und Projektionen mehr und mehr heilst, wirst du immer mal wieder in Situationen kommen, in denen du deinen alten Mustern wieder begegnest. Dennoch hast du die Chance, bewusster mit ihnen umzugehen, statt aus deiner Verletzung heraus zu handeln. Bleibe weiterhin mutig und stelle dich deinen Projektionen.
Dein Leben ist wertvoll und verdient es, in Freude gelebt zu werden.
Von Herz zu Herz, deine Martina